Hochsensibel Mutter sein - Teil 2

In Teil 1 des Blogs habe ich euch daran teil haben lassen, wie es für mich war Mama zu werden und hochsensibel zu sein.

 

Wie alles im Leben hat auch die Mutterschaft für mich zwei Seiten.

 

Ich hatte eine wunderbare Vorstellung davon, wie ich als Mama sein wollte.  Ich fühlte sehr Bullerbü- Bilderbuchmäßig , dass ich immer für meine Kinder da sein wollte und sie immer perfekt verstehen und mich einfühlen würde, wann immer sie etwas brauchen würden. Stets liebevoll verzärtelt mit Ihnen sein, ganz harmonisch eben…soweit meine Vorstellung. Das echte Leben ist dann doch manchmal anders und stellt ganz eigene Herausforderungen.

 

Nach einiger Zeit mit einem Baby und Kleinkind merkte ich, dass ich an meine Grenzen gekommen war. Es ist anstrengend und auslaugend emotional immer auf „Empfang“ zu sein. Ich merkte, dass ich immer häufiger überreizt und „leer gelaufen“ am Abend war und froh, wenn der Papa zur „Ablösung“ nach Hause kam. Ich war häufig krank oder kränklich, hatte nur noch zu wenigen Dingen Energie und auch nicht mehr so recht Lust am Leben. Da war der Große 4 Jahre alt und unsere Kleine 6 Monate alt. Ich spürte deutlich, ich brauchte Zeit für mich, dass ich nicht immer auf Abruf kuscheln und geduldig sein konnte. Ich war enttäuscht von mir selbst und frustriert. Ich litt an massiven Zerdenkprozessen und fühlte mich unzureichend: Andere Mütter schafften das doch auch. Wieso bin ich nicht glücklich? Keine Energie und Lebensfreude mehr in mir. Die Vorstellung wieder arbeiten zu gehen, zerriss mich förmlich. Das gleichförmige Leben in der Familie lies in mir trübe Langeweile erblühen. Ein totaler Zwiespalt – wie ich ihn so häufig erlebe, wenn es Zeit ist eine Veränderung einzuleiten.

 

Welch ein Glück! Denn ohne dieses drängende Gefühl von Unglücklich sein, das nun kollidierte mit meiner hübschen Vorstellung von der immer geduldigen und liebenden Mama, hätte ich meine Einstellung und mein Handeln kaum hinterfragt.

 

Ich wollte, musste und durfte nun überlegen was mir wichtig,  möglich und sozialverträglich erschien und wie ich wirklich sein konnte als Mutter und Mensch.

 

Mit dieser Erkenntnis und mit der Zeit wurde mir – auch durch meine Kinder – gespiegelt, was ich wirklich wollte. Durch einige Höhen und Tiefen fand ich den Schlüssel: Ich musste zuerst mich versorgen, um andere versorgen zu können. Ganz entgegen der bisherigen Einstellung zur Mutterschaft – einmal alles auf Werkseinstellung zurück. Ich hatte oft ein schlechtes Gewissen, wenn ich anfangs einfach mal raus ging. Mich fühlen - das hatte ich tatsächlich verlernt. Doch mit dem Üben merkte ich, dass ich wieder Lust hatte auf Leben: Freunde zu treffen, in die Sauna zu gehen, ein Buch zu lesen, einen Spaziergang zu unternehmen, mich zu bewegen… Wenn ich zurückkam waren meine Kinder freudig und begrüßten mich herzlich. Ein soooo schönes Gefühl. Ich habe durch das wieder um mich kümmern eine gute Reflektionsfähigkeit erlangt. Ich spüre meine Bedürfnisse und Emotionen – und nicht ausschließlich die der Kinder. Das tägliche etwas für mich tun gehört zu (fast) jedem Tag.

 

Ich glaube ich bin dadurch auch greifbarer für meine Kinder: ich lebe Ihnen aktiv vor, dass es okay und wichtig ist, sich um sich zu kümmern. Wir haben einen echten Umgang und Kontakt gefunden. Ich sage authentisch wenn mich etwas nervt, überfordert und wütend macht. Meine Kinder und mein Mann halten das ebenso. Jeder hat seinen eigenen Raum, Zeit für die eigenen Bedürfnisse und nicht immer bin ich als Mama verfügbar. Ich kommuniziere meine Grenzen, nehme mir Freiräume und sorge dann auch bewusst wieder für Familienbegegnung.

 

Es ist schön, denn wir lachen gemeinsam, streiten, lieben, reden, teilen uns mit und finden uns auch manchmal blöd. Aber wir stehen dazu. Wir sind keine perfekte Familie! Aber eine besondere Truppe mit ganz eigenen Maßstäben, die uns ausgewogen und glücklich stimmen.

 

Das ist meine ganz persönliche Version von hochsensibel Mutter sein. Ich möchte alle (werdenden) Mamas ermutigen, ihren ganz eigenen Weg zu gehen: Lasst euch nicht entmutigen von Kritikern, Hindernissen und Unwegbarkeiten. Wenn euch ein Gefühl „belästigt“ hört gut hin, was es euch sagen will. Es ist eure Lebenszeit, die ihr gestaltet und das geht nach eigenen Werten, Maßstäben und Haltungen. Lasst eure ureigenen Vorstellungen wachsen und entdeckt mit Mut und Freude wer ihr sonst noch so seid!

 

Ich freue mich nun auf gemeinsame, ruhige Weihnachtstage, die wir als Familie so begehen, wie uns das entspricht: Gemeinsame Zeit mit Selbstsorge und Authentizität in allen Facetten.

 

In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten…