Sehnsucht nach Verbindung

 

Es ist 2021 und es ist Corona.

 

Schon wieder ein Artikel über die Pandemie? Langsam reichts doch mal, oder?

 

Ja, mir reichts! Besonders mit meiner Veranlagung zum Weltschmerz fühlen.

Ich leide -  unter fehlendem Miteinander, Veschiebung von Verantwortung und eingeschränkter Lebendigkeit - denn damit fühle ich mich täglich durch meine Mitmenschen konfrontiert. Neben der Tatsache, dass sich jeden Tag etwas verändert, spüre ich wie meine Haut "dünner" wird und ich viel Kraft aufwende für Abgrenzung. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass wir in diesem Jahr noch viel Geduld und Flexibilität beweisen müssen. Ich beginne Menschen zu hinterfragen und verstehe meine eigene Spezies nicht mehr. Dabei liegen mir Menschen am Herzen.

 

Die kleinen Menschen im Allgemeinen und Besonderen, aber natürlich auch meine eigenen Kinder - und das viel diskutierte Thema des Schulbesuchs. Hier in Bremen geht man den sogenannten "Sonderweg" und hält die Schulen offen. Die Eltern sollen selbst entscheiden, ob ihr Kind am Präsenzunterricht teilnimmt oder ob es zu Hause mit digitaler Unterstützung lernt. Es entsetzt mich, da es keine Klarheit signalisiert und Elternschaft teilt anstatt sie zu einen. Ich finde auch, dass es ein furchtbares Signal an die Menschen ist, die unsere Kinder unterrichten, betreuen und Beziehung herstellen. Es degradiert ihren Schutz und ihre Gesundheit auf den letzten Rang. Wieder Teilung. Und es ist ebenso ein zwiespältiges Signal an unsere Kinder. "Draußen ist Pandemie, Kinder! Aber die Schule ist sicher! Geht ruhig alle hin!" - und da kommen Fragen meiner Kinder auf, wie:" Wieso ist das für uns nicht gefährlich?" "Was ist wenn ich Frau XY anstecke, sie ist schon 60 Jahre alt!" "Wir können Oma und Opa an Weihnachten nicht sehen, weil es zu gefährlich ist. Was ist mit unseren Lehrern?" "Was ist mit dem Tragen der Masken, hört das bald wieder auf?" "Wann können wir endlich mal wieder ins Schwimmbad?"  - und die Kinder liegen richtig mit ihren vielen Fragen und Bedenken. Ich habe kaum Antworten, so wie es vielen Menschen gerade geht. Ich kann meine Kinder unterstützen mit diesem Zwiespalt zu leben.

Verändern kann ich ihn derzeit nicht.

 

 

 

Politiker zu erleben, die in Bremen "die Verantwortung dafür übernehmen wollen, dass Schule ein sicherer Ort sei" und zum Schulbesuch ermutigen - das lässt mich ungläubig und mit vielen Fragezeichen zurück. Denn da wo durch die Maskenpflicht  Körpersprache, Mimik, nonverbale Kommunikation fehlt und alle sozialen Aspekte des Lernens entfallen, da kann meiner Auffassung nach, wenig Sicherheit und Verbindung sein.

 

Wo keine ganzheitliche Gesundheit möglich ist, da der Gesundheitsschutz nicht gegeben ist, denn Gesundheit bezieht sich nach der Definition der WHO nicht ausschließlich auf einen körperlich unversehrten Zustand, sondern auch um seelische Unversehrtheit,

 

da kann es sich nicht nur darum drehen, sich nicht zu infizieren, sondern auch seelisch und sozial betrachtet Gesundheit zu erleben. Durch die gegebenen Umstände können wir uns nicht sicher sein. Wiederum ein Aspekt der Sicherheit, der nicht gesichert sein kann und einen Umgang damit fordert.

 

Schule ist damit in meinen Augen derzeit kein sicherer Ort und niemand kann etwas garantieren oder die Verantwortung dafür übernehmen. Darum lasse ich meine Kinder zu Hause und wünsche mir das auch von allen, die das irgendwie möglich machen können.

 

 

 

Wir haben die Wahlmöglichkeit zumindest "im Kleinen" Verantwortung zu übernehmen und Verbindung zu schaffen - für uns selbst und für unsere Mitmenschen! Wenn jeder seinen Anteil trägt, bewirkt das schon etwas - davon bin ich überzeugt.

 

Wo immer es geht, können wir selbst entscheiden und mit Bewusstsein für uns selbst und unsere nächsten Denken, Fühlen und Handeln.

Schauen wir unsere Kinder an und fragen wir sie, wie es Ihnen wirklich geht. Schaffen wir soweit es geht Anlässe, die helfen sich selbst fühlen zu können - und zwar in allen Facetten.

Leben wir den Kindern soziales Miteinander vor, indem wir uns auch für andere empathisch zeigen.

Nehmen wir die vielen Toten nicht als gegeben hin, sondern überlegen welche Kontakte wirklich nötig sind und was wir selbst tun können, um die Pandemie einzudämmen.

Setzen wir Prioritäten und nehmen uns gegenseitig wichtig. Albern wir mit den Kindern herum und nehmen wir sie ernst in ihren Sorgen und Sehnsüchten.

 

Schenken wir uns und den Kindern Schutz und Geborgenheit und behüten wir das Stück Kindheit das da ist.

 

Für uns Erwachsene sind zwei Jahre Pandemie auf die Lebenszeit gesehen ein kleines Stück unseres Lebens. Für ein 6-jähriges Kind ist es ein Drittel seiner Kindheit! Also versuchen wir diese Zeit so sicher, klar, lebendig und behütet wie möglich zu gestalten und zu erhalten. Es ist Lebenszeit.

Füllen wir sie mit Leben so gut es geht: mit Alternativen - trotz aller Widrigkeiten - mit dem was in uns ist.