Schnee-Freuden

 

 

Ein Freitag, Ende Januar 2021 in Bremen, zur Zeit der Pandemie.

Die Woche verging rasend schnell und zugleich sehr zäh. Es gibt soviel zu tun und zu wenig Zeit für mich. Ich bin, wie viele andere in dieser Zeit, hauptsächlich mit meinen Kindern in der Heimbeschulung beschäftigt und versuche neben dem Haushalt zu arbeiten und Kontakte zu pflegen. Nicht immer einfach. Meine Kinder sitzen an diesem Freitagmorgen einigermaßen gelangweilt vor dem ewig gleichen Ablauf im Homeschooling und freuen sich auf die "Winterferien". Als sanfte weiße Flöckchen vom Himmel fallen, bleibe ich fasziniert im Erker unseres Esszimmers stehen und blicke aus dem Fenster. Der Zauber von fallenden Schneeflocken zieht mich kurz in seinen Bann. Gefühlt bin ich sofort wieder zehn Jahre alt und spüre eine Verzückung, die mir als erwachsene Frau nicht mehr so häufig wiederfährt. Ich beobachte verträumt die dicker werdenden Flocken, die immer intensiver werden, bis mir einfällt: "Ach ja! Ich habe ja Kinder." und so höre ich mich, langsam in die Realität zurückkehrend,  rufen... "Kinder, schaut mal raus! Es schneit." Seit drei Jahren in einer Intensität wie sie in Bremen nicht oft zu erleben ist.

 

In der Etage über mir höre ich ekstatische Jubelschreie und grinse in mich hinein. In der letzten Zeit hat Weniges spontane Lebensfreude in uns ausgelöst. Ich freue mich, dass sie jetzt da ist.

 

Im Laufe des Vormittags bleibt der Schnee sogar liegen - ganze 15 cm sind uns beschert worden.

 

Am Nachmittag wird die Schneehose herausgesucht und nach dem Schlitten verlangt. Die Kinder den Rest des Tages nicht mehr zu sehen. Wie schön. 

Am Abend herrscht erschöpfte, aber quirlig lebendige Stimmung im Haus.

 

Am Samstag verlasse ich das Haus früh morgens, um zum Bäcker zu laufen. Eine klare Kühle empfängt mich draußen, unter mir wunderbar strahlender Schnee. Ich gehe durch die Straße und rufe einem schneeschiebenden Nachbarn ein "Moin" zu und er "moint" zurück und nimmt die Schneeschaufel zur Seite, um mir den Weg freizugeben. Ich hüpfe leichtfüßig über einen Berg angehäuften Schnee und rufe "Dankeschön!". "Da nich für!", lautet die urbremische Antwort.

 

Dieses Stück "Gewohnheit" in der Besonderheit lässt mich beglückt weitergehen.

 

Das Knirschen des Schnees unter den Füßen, ziehe ich weiter durch die Wohnstraßen unseres Viertels. Ein ungefähr vierjähriges Mädchen im dicken Schneeanzug, schaufelt Schnee mit ihrem Papa. Der hochgewachsene Mann stellt fest:" Schau mal, am Garagentor hängt ein Eiszapfen." Die Kleine wendet den Blick Richtung Garage und sagt:" Das ist ein echtes Wunder, Papa! Ich wollte schon mein gaaaaanzes Leben einen Eiszapfen sehen!" Der Papa nimmt den Eiszapfen von der Regenrinne des Garagendaches und sagt:" Du kannst ihn sogar anfassen" und drückt ihn seiner Tochter in den pinken Fäustling. Ich höre im Vorbeigehen wie dem Mädchen andächtig mit gesenkter Stimme "ein Wunder" entfährt. Und es quietscht verzückt: "Sieh doch Papa, ich halte einen echten Eiszapfen!"

Ich bin berührt und fühle:

 

Sie ist noch da! Die tiefe, kindliche Entdecker-Freude mit einem Sinn für Wunder…

 

Entdeckt im Schnee.

 

Vielleicht bleibt sie noch etwas….